Wiesensänger zeigen Corona die gelbe Karte

Immer mit Abstand - aber trotzdem gemeinsam Singen

Im März 2020 ging es los. Der Volksmusikerbund forderte die heimischen Blasmusiker auf, jeden Sonntagabend um 18 Uhr vom Balkon aus ein Lied zu spielen um der Coronakrise entgegenzutreten. Auch die Menschen in Italien sangen von Balkonen und zeigten dass sie gemeinsam Spaß haben können trotz der Pandemie.

Da dachte sich auch Christa-Maria Jürgens: da können wir doch auch etwas machen. Gesagt, getan. Auf ihrem Balkon sang sie gemeinsam mit Simone Kaiser einige Lieder; die Balkontüren der umliegenden Nachbarschaft öffneten sich und mit Abstand wurden einige Gesangsstücke zu Gehör gebracht. Das war praktisch die Geburtsstunde für ein großartiges Projekt in der Nachbarschaft. Am nächsten Sonntag waren es schon wieder ein paar Leute mehr. Von Woche zu Woche wurden es immer mehr.

Als dann der Lockdown so langsam gelockert wurde, kam man auch – wiederum mit Abstand auf Teipels großer Wiese zusammen. Nicole und Peter Teipel gemeinsam mit Mutter Marlene waren von nun an Gastgeber und freuten sich auf den Besuch der Sängerinnen und Sänger aus Petmecke, Twiene, Remmelweg und Kölner Straße. Eine riesengroße Nachbarschaft kam von nun an jeden Sonntagabend um 18 Uhr zusammen und schmetterte Schlager und Volkslieder. Man überlegte von Woche zu Woche das Programm, Texte wurden kopiert und es wurde recherchiert was das Zeug hielt. Selbstverständlich wurde den Geburtstagskindern jedes Mal das Geburtstagslied gesungen. Diese ließen sich nicht lumpen und spendierten ein Kaltgetränk, ab und an wurden Snacks gereicht. Kuchen und Würstchen ebenso.

Christa-Maria Jürgens (rechts) leitet den Wiesenchor – eine Singgemeinschaft engagierter Nachbarn, die gegen die Corona-Krise mit Abstand ansingen.

Da kam das Pülleken als Anerkennung für die Supernachbarn gerade recht. Auch Agnes Müller, mit 93 Jahren die Seniorin des Chores ließ sich das leckere Bier schmecken. Gemeinsam mit ihrer Tochter Ulla ist für sie der Gesangsabend das Highlight der Woche. Mittlerweile zählen 35 Nachbarn zu diesem Chor und die Bandbreite der Aktiven geht vom 3-jährigen Finn, der mit Udo und Ruth Schulte kommt, bis zur 93-jährigen Frau Müller. 

Agnes Müller ist Stammgast bei den Wiesensängern – die 93 Jahre steckt sie locker weg

Besonderes Schmankerl: Josef Siepe, auch schon jenseits von 80 Jahren, schreibt Gedichte zu den vorgetragenen Liedern und trägt diese pointiert vor.

Man ist sich sicher, dass dieser Verbund auch nach der Corona-Krise auch weiterhin Bestand hat, denn durch das gemeinsame Singen sonntags ist man sich in der Nachbarschaft auch weiterhin näher gekommen. Der Sauerlandkurier konnte sich hier ein Bild von machen und die mitgebrachten T-Shirts fanden sofort begeisterte Abnehmer.

Nachdem man anfangs jede Woche gesungen hat, ist der Rhythmus nun auf zwei Wochen verlängert worden. Das tut der ganzen Sache keinen Abbruch – im Gegenteil: Vorfreude auf das nächste Nachbarschaftstreffen ist bekanntlich die schönste Freude. Mit Christa-Maria Jürgens als musikalische Leiterin ist man sehr zufrieden. Immer wieder wurden in den letzten Wochen auch schon Kanons gesungen. 

Von Artur Seidenstücker

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