Die künftige hausärztliche Versorgung in Grevenbrück
Grevenbrück Aktiv hatte zu diesem brisanten Thema für ein Dorfgespräch eingeladen. Stefan Schauerte der erste Vorsitzende der neu ins Leben gerufenen Arge war schlichtweg überwältigt von dem Interesse, dass hier augenscheinlich geweckt wurde.
Jedenfalls platzte der Saal bei Kramers aus allen Nähten. Schauerte betonte, dass die zukünftige hausärztliche Versorgung eine herausragende Bedeutung für Grevenbrück und Bonzel, Germaniahütte und den Einhöfen Petmecke, Kracht und Hengstebeck hat.
Mit dem Ärztemangel hat ganz Deutschland zu kämpfen. Große Metropolen und erst recht die ländlichen Gemeinden, Städte und Dörfer.
Zurzeit ist der Ort noch gut aufgestellt: Drei Arztpraxen sind u.a. hier zu finden. Diese sind mit vier Ärzten besetzt. So galt sein herzliches Willkommen auch den vier Medizinern: Frau Dr. Mac Carthy, Dr. Eberhard Hertin sowie den gemeinsam praktizierenden Ärztinnen Dr. Elisabeth Beckmann und Dr. Ulrike Wilbrand. Sie waren gerne der Einladung gefolgt. Im Laufe des Abends gaben sie zu dem Thema ihre Stellungnahme ab.
Zunächst die Daten und Zahlen:
Im Kreis Olpe wohnen aktuell 136.000 Personen Prognose für 2030 10.000 weniger
Davon sind heute 20 % älter als 65 Jahre alt. Im Jahr 2030 jedoch 30 %.
Lennestadt: Aktuell: 26.500 – im Jahr 2030 nur noch 24.000 – davon dann 1/3 >65 Jahre.
Grevenbrück (sowie die angesprochenen Ortsteile): Aktuell 4.100 Menschen – 2030 3.700 Menschen.
Es liegt auf der Hand, dass eine älter werdende Bevölkerung dringend auf eine örtliche Versorgung angewiesen ist.
Wie stellen wir uns auf?, warf Stefan Schauerte in den Raum.
Er ist optimistisch, dass die dezentrale Versorgung vor Ort auch weiter gewährleistet werden kann. Dieses muss jedoch aktiv gestaltet und entwickelt werden Die drei Praxen sind letztendlich Grundpfeiler und das Rückgrat für die Infrastruktur in einem Ort. Das Grevenbrück da allerhand zu bieten hat, stellte er kurz und prägnant dar. Unter Anderem sind nahezu 40 Vereine im Ort aktiv, Arbeitsplätze und Einkaufsmöglichkeiten gehören ebenso dazu.
Wichtig ist vor Allem die schnelle Erreichbarkeit eines Arztes.
Die anwesenden Mediziner stellten nun ihre Sicht der Dinge dar: auch sie wies darauf hin, dass mittlerweile jeder dritte der 5.000 praktizierenden Hausärzte im Bereich Westfalen – Lippe älter als 60 Jahre alt ist. Wie gewinnen wir junge Ärzte? Hinzu kommt, dass mittlerweile überwiegend Frauen Medizin studieren; diese möchten zum Teil später nicht in Vollzeit tätig sein. Es muss also an anderen Strukturen gearbeitet werden.
Fakt ist: es müssen dringend Nachfolger gefunden werden. Summa summarum dauerte das Studium und die darauffolgende Zeit bis zu elf Jahre bis eine Praxis übernommen werden kann. Oberste Priorität lautet natürlich die Versorgung der Patienten.
Die Nachwuchskampagne der kassenärztlichen Vereinigung (seit 2014) greift jedoch nicht richtig. Zumal die Ärztedichte reglementiert ist. Eigentlich herrsche angeblich eine „Überversorgung“. Das Ziel muss lauten: die Öffentlichkeit für diese Problematik sensibilisieren. So Frau Dr. Beckmann. Auch Dr. Hertin und Dr. Mac Carthy gemeinsam mit Dr. Wilbrand sind fest entschlossen an „einem Strang zu ziehen“. Ulrike Wilbrand: „2030 fehlen uns 10.000 Hausärzte“. Fakt ist in diesem Zusammenhang auch, dass die fachärztlichen Gebiete im Vordergrund stehen.
Stefan Schauerte zeigte höchste Anerkennung, dass die örtlichen Ärzte so gut zusammen arbeiten und sich bereits frühzeitig um eine Nachfolgeregelung bemühen.
In der anschließenden Diskussion sagte der Dr. Stelling, dass er sich durchaus Gemeinschaftspraxen vorstellen kann.
Franz-Josef Lenze betonte, dass Anreize für junge Mediziner geschaffen werden müssen, sich auf dem Land niederzulassen. Er sieht da das Land NRW in der Pflicht.
Bemerkenswert auch die Stellungnahme von Dr. Martin Bischopink (Chefarzt im Krankenhaus Altenhundem): er steht wie seine Kollegen in engem Kontakt zu den Hausarztpraxen. Verwies ebenso auf den Ärztemangel. 10.600 Medizinstudienplätze stehen zur Verfügung, benötigt würden jedoch 16.000.
Unisono suchen beide nach Ärzten. Dankbar ist er an dieser Stelle für zahlreiche Kollegen aus dem Ausland, die die Arbeit hier unterstützen. Er fordert ausdrücklich dringend mehr Studienplätze.
Entscheiden dann noch das Statement von Frau Dr. Beckmann: aufgrund der immer älter werdenden Menschen sind Praxen vor Ort absolut wichtig. „Wir müssen zuhause immer mehr Patienten besuchen, weil sie den Weg in die Praxis schlichtweg nicht schaffen“. Die geplanten nichtärztlichen Praxen, arbeiten wie Pflegedienste und können die Arbeit der Mediziner nicht ersetzen.
Stefan Schauerte betonte, dass der Numerus clausus von 1,0 auch im Wege stehen kann. Auch angehende Mediziner könnten mit einem schlechteren Wert durchaus gute Ärzte sein.
Endgültige Lösungen konnten an diesem Abend nicht angeboten werden. Jedoch hat man den Stein ins Rollen gebracht, die Menschen im Ort angesprochen und sensibilisiert und man bleibt am „Ball“. Es wird Zeit benötigt um u.a. die bürokratischen Hürden zu überwinden. Gespräche mit der Verwaltung, dem Kreis und der kassenärztlichen Vereinigung Westfalen – Lippe in Dortmund werden geführt, die Mandatsträger in den Kommunen, in Land und Bund werden mit eingebunden.
Ein besonderer Dank galt u.a. Jürgen Dolle (2. Vorsitzender von Grevenbrück Aktiv), er hat im Vorfeld zahlreiche Gespräche geführt und mit seiner Sachkenntnis wesentlich mit zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen. Eine rundum gelungene Veranstaltung.
Das nächste Dorfgespräch findet am Freitag, 19. Mai 2017 im Essbahnhof statt.
Anne Bielefeld mit ihrem Team vom WDR wird von dieser Veranstaltung in der Sendung „Hier und Heute“ am 27. März 2017 über die Ärztliche Versorgung auf dem Land berichten.
Hier geht’s direkt zur Sendung vom 27.03. im WDR
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