Flüchtling im Behördendschungel

Andi Bardhi (l.) und Thorsten Hüttmann in der OT Grevenbrück.

Eine lange Geschichte kommt zu einem glücklichen Ende

SauerlandKurier

„Was lange währt wird endlich gut“, „Ende gut – alles gut“ – die Liste der Sprichwörter, die man für diese Geschichte bemühen kann, ist lang. Im Mai vergangenen Jahres hat der Sauerlandkurier über Andi Bardhi berichtet – und eine Fortsetzung versprochen. Nun hat seine Geschichte ein glückliches Ende gefunden.
Andi Bardhi kam im Jahr 2015 als Flüchtling nach Deutschland. Der damals 23-jährige Albaner sah keine Perspektive für ein Leben in seinem Heimatland, keine Arbeit, keine Zukunft. Im November 2015 kam er nach Lennestadt und nahm an einer Arbeitsmaßnahme in der OT Grevenbrück teil.

Sein Engagement und seine offene Art kommen gut an. Er lernt sehr schnell Deutsch, springt als Dolmetscher ein, die Mitarbeiter der OT helfen ihm bei Behördengängen und der Wohnungssuche. Er kann ein Praktikum bei der Bäckerei Tröster machen und Jörg Tröster gibt ihm einen Ausbildungsvertrag. Er findet eine Wohnung, auch seine Vermieterin, Christa Fischer, setzt sich für ihn ein. Durch David Henkel, Sozialpädagoge in der OT, bekommt er Kontakt zum Fußballverein Rot-Weiß Lennestadt. Auch hier engagiert sich Andi Bardhi, hilft ehrenamtlich. Doch die tolle Geschichte hat einen Haken.

Andi Bardhi kommt aus Albanien, einem sicheren Herkunftsland und hat so keine Bleibeperspektive. Es ist so gut wie sicher, dass sein Asylantrag abgelehnt wird. Eine Möglichkeit, doch in Deutschland zu bleiben, ist ein Arbeitsvisum. Andi hat einen Ausbildungsvertrag sicher, somit käme ein solches Visum für ihn in Frage. Doch den Antrag kann er nicht hier in Deutschland stellen, er muss zurück nach Albanien reisen und in der deutschen Botschaft in Tirana das Visum beantragen. Dazu hatte er Empfehlungsschreiben der OT und von RWL, die ihm sein ehrenamtliches Engagemeint bestätigten, den unterschriebenen Ausbildungsvertrag und den Nachweis einer eigenen Wohnung. Dazu Schreiben von der Stadt Lennestadt, für die er ebenfalls als Dolmetscher tätig war.

Hier endete im vergangenen Mai die Geschichte.

In der Zwischenzeit ist viel passiert. „Ich habe selten so ein Auf und Ab erlebt“, sagt Thorsten Hüttmann, Leiter der OT. Zunächst zog Andi seinen Asylantrag zurück und stimmte der freiwilligen Ausreise zu. Doch den Ausreisetermin konnte er nicht einhalten. Beim Asylantrag hatte er vorschriftsmäßig seine Ausweispapiere abgegeben, aber nicht zurückbekommen. Das gesamte Unternehmen drohte zu scheitern. Erst im August konnte Bardhi seine Papiere bei der Ausländerbehörde in Olpe abholen. Zu spät, um ohne Einreisesperre zurück nach Deutschland reisen zu können. Der zuständige Mitarbeiter, Peter Stülper, leistet Hilfe. Er gibt Andi Bardhi eine Vorabzustimmung für die deutsche Botschaft und bescheinigt, dass sich die Rückkehr nach Albanien ohne dessen Verschulden verzögert hat.

Mit allen nötigen Papieren und Empfehlungsschreiben machte sich Bardhi auf die Reise nach Albanien. Einen Termin bei der deutschen Botschaft bekommt er erst im Oktober. Als er voll Hoffnung dort vorspricht hört er nur ein „Du musst warten“.
„Wir haben oft gedacht, jetzt haben wir’s und dann kam am nächsten Tag wieder irgendein Dämpfer“, so Hüttmann. So beispielsweise eine Änderung im Intergrationsgesetz, die vieles einfacher gemacht hätte – am nächsten Tag die Gesetzeserläuterung „Gilt nicht für Albaner“. Oder der Nachweis des Grundeinkommens. Um das Arbeitsvisum zu bekommen musste Andi ein gewisses monatliches Grundeinkommen vorweisen – durch das Lehrlingsgehalt wurde diese Summe aber nicht erreicht. „Die OT hat zugesagt, dass er weiter auf Übungsleiterbasis hier beschäftigt sein kann und noch etwas dazuverdient“ aber natürlich nicht einfach so, seine Arbeit wird auch benötigt und ist sehr hilfreich „Wir freuen uns darüber, dass er für uns Flüchtlingsarbeit macht“, sagt Thorsten Hüttmann. In der Wartezeit in Albanien versuchte Andi dort Arbeit zu finden, doch ohne Erfolg. Mit einem Touristenvisum kehrte er kurzzeitig nach Deutschland zurück – über sieben Grenzen mit dem Fernbus in 44 Stunden – in der Hoffnung, dass er seine Angelegenheiten hier besser regeln kann.

Dann ging es wieder zurück nach Albanien, zur deutschen Botschaft, wo er sein Arbeitsvisum in Empfang nehmen konnte. Am 17. Dezember konnte er mit diesem Visum in Deutschland einreisen und am 1. Januar mit fast einem halben Jahr Verspätung seine Ausbildung beginnen. Andi ist froh, dass er nun mit einem Arbeitsvisum in Deutschland ist und keinen Flüchtlingsstatus mehr hat. Das Visum gilt bis zum Ausbildungsende, wird er weiterbeschäftigt, verlängert es sich erst um zwei Jahre, dann um fünf Jahre. Danach kannn er das dauerhafte Bleiberecht bekommen.

„Niemand kann das allein schaffen, eine normale Person, ein normaler Flüchtling, auf sich allein gestellt, kann das alles nicht schaffen“, sagt Andi Bardhi. Ohne die Hilfe der OT-Mitarbeiter wäre das alles nicht möglich gewesen. Ohne einen geduldigen Jörg Tröster ebenfalls nicht, dieser hat die Ausbildungsstelle für Andi freigehalten und ohne eine Vermieterin wie Christa Fischer ebenfalls nicht, denn sie hat ihm die Wohnung garantiert. Dazu noch viele weitere Personen, die Mitarbeiter bei der Ausländerbehörde, bei Beratungsstellen, bei der Stadt, sie alle haben ihren Teil dazu beigetragen.

„Als Fazit“, sagt Thorsten Hüttmann, „Andi hat einfach Glück gehabt, ist eine absolute Ausnahme, ein Einzelfall“. Er wünscht sich eine bessere Vernetzung der Behörden und Beratungsstellen. Für alle Beteiligten war es Neuland, alle mussten sich erst in das Thema einarbeiten.

In der Ausbildung läuft für Andi alles gut, die Arbeit macht ihm Spaß, seine Kollegen und Mitauszubildenden helfen ihm weiter. In seiner Freizeit engagiert er sich weiterhin ehrenamtlich bei RWL, macht dort die Ausbildung zum Jugendtrainer und ist auch noch als Übungsleiter bei der OT beschäftigt – oder er kommt einfach auf einen Kaffee vorbei.

Text und Foto: Inge Schleining

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