Nur mit Mais läuft alles rund
Der Oktober ist für die Biogasanlage ein ereignisreicher Monat, denn dann steht für gewöhnlich die Maisernte an. „Mais ist für die Anlage ein wichtiger Stoff. Täglich werden 17 Tonnen zugeführt“, erklärt Lisa Sternberg, die Geschäftführerin und Betriebsleiterin der Biogasanlage in Grevenbrück.
Seit April 2012 – direkt im Anschluss an ihr Agrarwissenschaftsstudium in Bonn – ist sie in dieser Funktion tätig. „Eigentlich wollte ich nach dem Studium nicht direkt wieder nach Hause, aber die Gelegenheit war natürlich einmalig“, so Lisa Sternberg, die selbst mit der landwirtschaftlichen Arbeit auf dem Hof ihrer Familie groß geworden ist. „Auf dem Hof war ich auch immer mit dabei. Mit 16 habe ich den Treckerführerschein gemacht. Dass ich in der Landwirtschaft tätig sein möchte, stand für mich immer fest“, sagt Geschäftsführerin.
Heute freut sich die Agrarwissenschaftlerin über ihre abwechslungsreiche Arbeit. Zu ihr gehören die Betreuung, Prozessüberwachung und die tägliche Büroarbeit. „Ich finde es gut, dass ich draußen und im Büro arbeiten kann“, sagt Lisa Sternberg.
In Oktober steht die Maisernte im Mittelpunkt. Rund die Hälfte der 19 Gesellschafter der Biogasanlage stellen Flächen zum Maisanbau zur Verfügung. Das sind 70 Hektar Fläche. Lisa Sternberg organisiert die Ernte und den Transport zentral, sodass nicht jeder Landwirt einzeln Mais anliefert, sondern alles geordneter abläuft. Die Aussaat erfolgt etwa zwischen Ende April und Mitte Mai. Weil das Wetter ab Mitte des Jahres trocken ausfiel, fand die Ernte relativ früh statt. Anfang Oktober wurde der letzte Mais eingebracht. Zu dem eigenen Mais kommen noch Überschüsse von anderen Landwirten. „Bevor der Mais auf dem Feld stehen bleibt, können die Bauern hier noch Geld dafür bekommen“, sagt Lisa Sternberg.
In diesem Jahr war dies Mais von einer Fläche von 60 Hektar. Das waren teils Überproduktionen oder übrig bleibender Mais, wegen Reduktion des Tierbestandes auf dem Hof. Manchmal sei der Energiegehalt des Maises für die Tiere nicht ausreichend. Für die Biogasanlage kann er dann trotzdem gut genutzt werden.
Insgesamt kamen in diesem Jahr 4000 Tonnen Mais zusammen, die auf dem Gelände der Anlage siliert wurden.
Vor allem Reststoffe
„Wir wollen natürlich vor allem auf Reststoffe setzten, aber klar ist, wir brauchen auch Mais“, so die Betriebsleiterin. Wenn sich in der Anlage nur Gras und Mist befindet, ist die Masse viel fester und es kommt zu mehr Verschleiß. Mit Mais ist die Masse rührfähiger und die Gasausbeute, die aus den anderen Stoffen gewonnen wird, wächst. Dadurch kann eine höhere Effizienz erreicht werden.
Täglich kommen 60 Tonnen Material in die Behälter der Biogasanlage. 40 Tonnen davon sind Feststoffe. Sechs Tonnen Mist, 17 Tonnen Gras und 17 Tonnen Mais. Flüssigkeit kommt in Form von täglich 20 Tonnen Gülle dazu.
Das Substrat wird auf eine Temperatur von 39 bis 42 Grad aufgeheizt und in den Behältern durch Rührwerke beständig bewegt.
Die Gärreste dienen als Dünger
Dort findet eine Hydrolyse statt, eine Aufwässerung, bei der chemische Verbindungen durch Wasser gespalten werden. Anschließend findet eine Versäuerung statt. Bei der Gärung bauen Bakterien unter Ausschluss von Licht und Sauerstoff Stoffe in dem Behälter ab. Als Produkt entsteht dabei Biogas, das unter anderem Methan enthält.
In Grevenbrück gibt es ein dreistufiges System. In jedem der Behälter mit 26 Meter Durchmesser verweilt die Masse durchschnittlich 30 Tage, dann fließt sie automatisch in den nächsten Behälter weiter.
In dem ersten Behälter, dem Fermenter, kommen alle Rohstoffe für die Gärung zusammen, nach etwa 30 Tagen fließt das Substrat in den Nachgärer. Von dort aus fließt die Masse weitere 30 Tage später in das Gärrestlager. Zusammen fassen sie ein Volumen von 8400 Kubikmeter Flüssigkeit und 4200 Kubikmeter Gas.
Die beteiligten Landwirte holen die Gärreste als Dünger für ihre landwirtschaftlichen Nutzflächen wieder ab. Diese sind für die Pflanzen verträglicher, stinken nicht so sehr wie Gülle und die enthaltenen Nährstoffe können leichter aufgenommen werden.
Zwei Blockheizkraftwerke (BHKW) stellen aus dem Biogas Strom und Wärme her. Die Anlage hatte bisher eine elektrische Leistung von 720 Kilowatt und eine thermische Leistung von 946 Kilowatt. „In diesem Jahr haben wir die Anlage flexibilisiert. Elektrisch sind zweimal 355 Kilowatt dazu gekommen, thermisch 786 Kilowatt. Die Gesamtleistung ist nicht gestiegen, wir können jetzt aber flexibler reagieren und bedarfsgerecht größere Mengen an Strom in kürzerer Zeit ins Netzt speisen“, sagt Lisa Sternberg.
Acht Prozent des produzierten Stroms verbraucht die Anlage selbst. Die Behälter werden ebenfalls mit Eigenwärme geheizt. Einige anliegende Wohnhäuser nutzen die Fernwärme über Warmwasserleitungen zum Heizen. Auch die Gebäude der Gärtnerei Orchideen Koch nutzen die Wärme des Biogaswerks.
„Das geplante Wärmenetz mit 100 Haushalten als Abnehmer ist gescheitert. Wir suchen derzeit neue Wärmeabnehmer. Es ist eine Schande, dass so viel Leistung derzeit ungenutzt bleibt“, sagt Lisa Sternberg.
Das ist nicht der einzige Kritikpunkt dem sich die Geschäftsführerin und Betriebsleiterin stellen muss. Die Lautstärke, die Gerüche – es gibt einige Beschwerden aus der Nachbarschaft. Lisa Sternberg zeigt sich offen. „Wir sind nicht das gefährliche grüne Ding hinterm Zaun. Alle können zum Gucken kommen und gerne stehe ich für ein Gespräch bereit“, so die Agrarwissenschaftlerin.
Interessierte können unter Telefon 01512/8411769 oder per E-Mail unter biogas-lennestadt@t-online.de Führungen in der Biogasanlage anmelden.